ERLANGEN – Informatikerinnen und Informatiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) arbeiten an einer innovativen Lösung, um die Analyse von Röntgenbreischluckaufnahmen bei älteren Menschen und Parkinsonpatientinnen und -patienten präziser und objektiver zu gestalten. Das neue Tool nutzt künstliche Intelligenz, um Störungen im Schluckvorgang zuverlässig zu erkennen und die medizinische Entscheidungsfindung zu unterstützen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit rund 390.000 Euro.
KI erkennt krankhafte Veränderungen beim Schlucken
Der Schluckvorgang ist ein hochkomplexes Zusammenspiel von Muskeln, Nerven und Knochen. Besonders bei älteren Menschen oder nach Schlaganfällen treten häufig Störungen auf, die lebensbedrohliche Folgen haben können. Das Team um Prof. Dr. Andreas Kist entwickelt ein System, das Röntgenbreischluckvideos automatisch auswertet und krankhafte Veränderungen in der Schluckphysiologie erkennt. In Deutschland ist diese Methode bislang wenig verbreitet, obwohl sie in den USA zum Standard gehört.
Neuronale Netze lernen die Anatomie
In der ersten Phase trainiert das Forschungsteam neuronale Netze, um anatomische Strukturen wie Zungenbein, Kehlkopf, Speise- und Luftröhre zuverlässig zu identifizieren. Die Doktorandin Luisa Neubig, die bereits für ihre Arbeiten im Bereich Deep Learning ausgezeichnet wurde, leitet das dreijährige Projekt. Die Herausforderung: Das Tool muss unterschiedliche Aufnahmewinkel und Geräte verschiedener Hersteller berücksichtigen.
Bologramm erleichtert die klinische Praxis
In weiteren Schritten verfolgt die KI den Weg des Nahrungsbreis im Zeitverlauf und erkennt Rückstände. Am Ende entsteht ein sogenanntes Bologramm, das alle relevanten Informationen in einer grafischen Übersicht zusammenfasst. Farbliche Markierungen zeigen auf einen Blick, ob der Schluckvorgang unauffällig abläuft oder eine Intervention nötig ist. Das Ziel: Schnelle und sichere Entscheidungen im Klinikalltag.
Innovationsschub für medizinische KI aus Erlangen
Mit der Entwicklung des Tools setzt die FAU ein Zeichen für den Innovationsstandort Bayern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Bereich künstliche Intelligenz in der Medizin. Die Professur von Andreas Kist ist am Department Artificial Intelligence in Biomedical Engineering (AIBE) angesiedelt und arbeitet eng mit Fachleuten aus Medizin und Ingenieurwissenschaften zusammen. Die Förderung der DFG ermöglicht eine dreijährige Doktorandenstelle und unterstreicht die Bedeutung des Projekts für die Zukunft der medizinischen Diagnostik.